9. August 2024 

46 Jahre zusammen gelacht und geweint

In der heutigen Zeit wird das Altern und der Tod oft verteufelt und als schlecht angesehen. Die Nachfrage nach Verjüngungskuren und Mitteln, Anti-Falten Cremes, die den Altersprozess aufhalten sollen, steigt. Die meisten Menschen wollen nicht alt werden, sterben erst recht nicht. Dabei ist Altern und Sterben ein ganz natürlicher Prozess. Jedes Leben geht zu Ende. Unsere ehemalige Kollegin Benita Meinel arbeitete 46 Jahre in der Pflege. Die Arbeit auf der Palliativstation lehrte sie, den Moment zu genießen und das Leben wertzuschätzen, sagt die 64-Jährige. Nach einer langen erlebnisreichen Zeit ist sie im Herbst vergangenen Jahres aus der aktiven Pflegearbeit in der Klinik zurückgetreten. Ganz loslassen kann sie trotzdem nicht, weshalb sie weiterhin regelmäßig Vorträge und Seminare für die Auszubildenden der Paracelsus Klinik anbietet.

Tabuthema Tod

Eigentlich wollte Benita Kindergärtnerin oder Psychologin werden. Doch in der DDR durfte sie das nicht. Auf den Rat ihrer Mutter begann sie 1976 ihre Ausbildung zur Krankenpflegerin. Eine Entscheidung, die sie nie bereute. Nach ihrer Ausbildung im Krankenhaus Schöneck arbeitete sie eine lange Zeit mit Patient*innen der inneren Medizin. 2010 wechselte sie nach zur Paracelsus Klinik Adorf und baute dort die Schmerzmedizin mit auf. Rund 10 Jahre später wechselte Benita in die Palliativpflege und begleitete auf der Palliativstation schwerkranke Menschen mit weit fortgeschrittenen, nicht heilbaren Erkrankungen, dessen Lebenserwartungen begrenzt sind. Im Fokus der Palliativmedizin steht bei uns die aktive, ganzheitliche Behandlung der uns anvertrauten Patient*innen, damit diese schmerzfrei und in Würde, ganz nach unserem Leitsatz „Bis zum letzten Augenblick des Lebens leben“ können. Benita beschäftigt sich schon ihr ganzes Leben mit dem Thema Tod. Mit nur sechs Jahren verlor sie ihren Opa, Jahre später ihre jüngere Schwester. Als sie 18 Jahre alt war, fragte sie eine Patientin, ob sie bei ihr bleiben könne, wenn sie sterben würde. Benita blieb nach ihrem Feierabend und begleitete die Frau in ihren letzten Stunden. Immer öfter kamen Patient*innen auf sie zu und sie begann ehrenamtlich in verschiedenen Hospizen und Pflegeheimen Menschen in ihren letzten Jahren, Tagen und Sekunden zu begleiten.

Zeit zum Zuhören 

Auf der Palliativstation hat man mehr Zeit für die Patient*innen, erzählt die ehemalige Pflegefachkraft der Palliativstation der Paracelsus Klinik Adorf. Die Zeit für Gespräche ist mit das Wichtigste in der Pflege. Durch den gegenseitigen Austausch zeigt man den Patient*innen, dass man sie wahrnimmt und sie ernst nimmt. Zu wissen, dass man sterben wird, bereitet Frust, Angst, Hilflosigkeit, Wut und Trauer. Emotionen, die Platz brauchen. Die Palliative Care will den Patient*innen einen sicheren Raum und Geborgenheit bieten, ihnen Beistand und Trost leisten und die Angst vor dem Sterben nehmen. Unsere professionelle Sterbe- und Trauerbegleitung ist für die Patient*innen und ihre Angehörige da. „An manchen Tagen ist die emotionale Belastung für uns Pflegekräfte besonders hoch. Es ist nicht leicht, Menschen sterben zu sehen. Die Dankbarkeit, die wir von den Patient*innen und ihren Familien entgegengebracht bekommen und das Wissen, dass wir durch unsere Arbeit den Menschen ihre Sorgen und Schmerzen nehmen können, treibt mich an“, sagt Benita. Die Arbeit macht Spaß, erzählt sie. Die Stimmung auf Station sei fröhlich. Trübsal blasen bringt keinen voran. Man lacht zusammen, heitert die Patient*innen auf und sorgt für Ablenkung. Viele Patient*innen erzählen aus ihrem Leben, von ihren Geliebten oder was sie alles erlebt haben. Das erfreue sie, weil es zeigt, dass ihr die Patient*innen vertrauen, erzählt sie.

Jeden Moment genießen

Die Arbeit mit Schwerstkranken lehrt einen Dankbarkeit und Bescheidenheit. Man lernt sich auf das Wesentliche zu reduzieren und zu fokussieren. „Die Arbeit auf der Palliativstation hat mich gelehrt, jeden Moment zu genießen und im hier und jetzt zu leben. Es hilft nicht, in der Vergangenheit zu bleiben und sich nach dem Warum zu fragen. Es gibt meist keine Antwort“, erzählt Benita. Man sollte im hier und jetzt leben und auf seine Errungenschaften stolz sein und nicht zu viel von sich verlangen. Unmut und Frust helfen nicht. Mit zunehmendem Alter ist nicht mehr alles möglich. „Der Körper wird alt, das ist ganz normal. Man kann sich nicht gegen den Ablauf der Natur wehren, man muss sein Altern akzeptieren“, sagt sie. Dazu kann der Tod auch etwas Gutes sein, und von starken Schmerzen und Leid befreien.

Sich gegenseitig Halt geben

Wer die Menschen liebt oder gerne mit ihnen arbeitet und freundlich, geduldig, empathisch, teamfähig, und unvoreingenommen ist, ist in der Pflege richtig. Die Arbeit in der Pflege bedeutet, sich selbst zurücknehmen und sich auf den Menschen zu fokussieren. Ohne ein gut zusammenarbeitendes Team funktioniert es nicht. „Unser Team bedeutet uns viel. Wir helfen uns gegenseitig und sind füreinander da“, erzählt Benita. Sie steht noch immer in engen Kontakt mit ihren ehemaligen Paracelsus Kolleg*innen. Den Pflegedienstleiter Thomas Meinel lobt sie in höchsten Tönen. Er sei immer für sie da gewesenen bei Problemen und steht mit Rat und Tat zur Seite. Für Berufseinsteiger*innen hat die 64-Jährige noch einen Tipp: Nimm die schlechte Laune von Patient*innen nicht persönlich und höre ihnen zu, dann ist ihre schlechte Laune schnell passé.


Unsere Pflegekräfte leisten täglich großartige Arbeit und sind rund um die Uhr im Einsatz, um unseren Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung zu bieten. In unserem Pflegeblog „Pflege mit Herz“ stellen wir Ihnen einige von ihnen vor und geben Ihnen ganz persönliche Einblicke in den Arbeitsalltag unserer Pflegehelden. Wie sieht der Alltag einer Pflegekraft aus? Was erwartet mich als Patient in den Paracelsus Kliniken und was schätzen die Pflegekräfte so an ihrem Beruf? All das und vieles mehr können Sie in unseren authentischen Geschichten lesen. Mit diesem Blog möchten wir Ihnen zeigen, wie wichtig und wertvoll die Arbeit unserer Pflegekräfte ist und ihnen die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen.