Aufwärmen, dehnen und Muskeln gezielt trainieren – das rät Sportmediziner Dr. Daniel Hellermann
Know-How direkt aus dem Bundesliga-Alltag: Dr. med. Daniel Hellermann ist Arzt der Paracelsus Sportmedizin und Prävention und gleichzeitig Mannschaftsarzt der Bundesliga-Profis des SV Werder Bremen. Und er weiß ganz genau, was der Fußball dem Körper abverlangt. Wie sich Verletzungsanfälligkeit verhindern lässt und welche Präventionsmaßnahmen besonders effektiv sind, erklärt der erfahrene Sportmediziner
Das wichtige Spiel steht an. Der Nervenkitzel nimmt von Tag zu Tag zu. Umso bitterer ist es, wenn eine Trainingsverletzung den eigenen Einsatz zunichtemacht. Während der entscheidenden Momente auf der Bank das Spiel mitansehen zu müssen, gefällt keinem ambitionierten Sportler; unabhängig von der Sportart, der Liga oder dem Alter. Einem gestreckten Bein des Gegenspielers oder einem gefährlichen Loch im Rasen kann man natürlich nicht immer ausweichen. Das richtige Aufwärmen, die adäquate Dehnung und ein gezieltes Krafttraining sorgen aber in vielen Fällen dafür, dass die Verletzungsanfälligkeit reduziert wird. Die richtige Vorbereitung aufs Spiel ist also das A und O.
Ob Training oder Punktspiel: Aufwärmen ist ein absolutes Muss
Damit es auch dauerhaft mit dem effektiven Aufwärmen klappt, rät Daniel Hellermann, dem Spieltrieb freien Lauf zu lassen, denn „klassisches Warmlaufen, monotone Passfolgen ohne Ziel oder halbherzige Dehnprogramme sind meist wenig innovativ und ganz schön langweilig.“
Die Folge dieser wenig ambitionierten Aufwärmphase: Die Sportler ziehen das Aufwärmen mehr oder weniger gleichgültig und ohne die nötige Konzentration durch, eine wirkliche Vorbereitung auf die anstehende Trainings- oder Spielbelastung ist das natürlich nicht. Im schlimmsten Fall verpufft also der ersehnte Mehrwert. Deshalb empfiehlt Daniel Wellmann spielerische Aufwärmprogramme oder Übungen mit einem leichten Wettkampfcharakter. Sie bringen Abwechslung und Variation und wärmen die Muskulatur für die bevorstehende Belastung auf. Zudem werden die Psyche sowie die Konzentration für das Spiel oder das Training geschärft.“
Dehnen nicht vergessen: Dynamisch oder statisch?
Neben dem Aufwärmen darf auch das Dehnen nicht zu kurz kommen. Grundsätzlich lassen sich die Dehn-Übungen in zwei Kategorien einteilen: statisches und dynamisches Dehnen. Beim statischen Dehnen wird die Position für eine bestimmte Zeit gehalten. Das dynamische Dehnen zeichnet sich dagegen durch kurze Haltezeiten und teils schwungvolle Ausführungen aus, die jedoch nicht bis zum „Anschlag“ durchgeführt werden sollten. Vor Spielen oder Trainingseinheiten empfiehlt Daniel Hellmann die letztere Variante. Denn lange Haltezeiten beim statischen Dehnen ermüden die Muskulatur vor der anstehenden Belastung. In einigen Fällen kann diese Vorermüdung sich negativ auf die Performance auswirken. Das statische Dehnen hingegen empfiehlt der Sportmediziner beispielsweise bei muskulären Verkürzungen als therapeutischen Ansatz.
Muskeltraining als weitere Präventionsmaßnahme
Beim Gedanken an Verletzungsprävention im Fußball fallen einem Dehnen und Aufwärmen oftmals als erstes ein. Doch auch die richtige Dosis Kraft- und Muskeltraining trägt einen großen Teil dazu bei, Verletzungen vorzubeugen. Regelmäßiges und angemessenes Muskeltraining sorgt im besten Fall für harmonische Kräftigung der wichtigen Muskelgruppen und stabilisiert die Rumpfmuskulatur. So lassen sich Schnellkraft und explosive Bewegungen verbessern. Außerdem werden Sehnen gestärkt und dadurch auf Belastungsspitzen vorbereitet. Besonders wichtig dabei ist die richtige Ausführung. Hier ist der jeweilige Fitness-Trainer gefragt. Zur Orientierung für Trainer und Spieler hat die FIFA ein komplettes und auf Studien aufgebautes Aufwärmprogramm zur Verletzungsprophylaxe entwickelt. Die PDF, die kostenlos und in deutscher Sprache heruntergeladen werden kann, beinhaltet zahlreiche Aufwärmübungen, Tipps und Bilder für korrekte Übungsausführung.
Ob Junioren- oder Altherren-Fußball: Geselligkeit als falscher Freund
Mit 35 Plus muss die „Fußballkariere“ keineswegs vorbei sein. Auch wenn das anstehende Spiel nicht unbedingt mit jugendlichem Ehrgeiz angegangen wird, das Verletzungsrisiko wegen mangelhafter Vorbereitung bleibt. Und steigt im Alter sogar noch an. Insbesondere dann, wenn nur einmal die Woche eher aus Geselligkeit denn aus sportlichem Ehrgeiz trainiert wird und gelegentlich am Wochenende ein Spiel ansteht. Diese zwar verständliche Haltung dem eigenen Sporttreiben gegenüber endet jedoch allzu häufig mit einer ernsthaften Verletzung. „Ältere Aktive sollten das Training oder ein Spiel mit viel Sorgfalt und Fingerspitzengefühl dem eigenen Körper gegenüber angehen. Sportlicher Ehrgeiz ohne eine gute Vorbereitung ist da absolut fehl am Platz“, so Daniel Hellermann. Dass nach sportlicher Belastung oder gar einem gewonnenen Spiel ein „isotonisches Kaltgetränk“ dazugehört, ist aus ärztlicher Sicht überhaupt kein Problem. „Gesellig sein, Siege feiern, Niederlagen gemeinsam verschmerzen, das gehört zum Sport dazu. In der Bundesliga genau so wie beim Freundschaftsspiel der Altherren-Mannschaft“, weiß Daniel Hellermann.
Regelmäßige Sporttauglichkeitsuntersuchungen
Richtiges Dehnen, bewusstes Aufwärmen und regelmäßige Kraftsport-Einheiten bilden eine gute Basis, um Verletzungen vorzubeugen. Doch an einer regelmäßigen Sporttauglichkeitsuntersuchung sollte, vor allem bei älteren Sportlern, kein Weg vorbeiführen. Diese beinhalten eine ärztliche Befragung, körperliche Untersuchung mit Laboruntersuchung, ein Ruhe- und Belastungs-EKG und bei Indikation auch eine Herzechokardiografie, um so unter den besten – und vor allem sicheren – Umständen weiter Fußball spielen zu können.
Weiter hilfreiche Tipps und Einblicke in die Sportmedizin sowie Prävention gibt es beim Paracelsus Instagram Account (paracelsus_sportmedizin) oder online unter www.paracelsus-kliniken.de/sportmedizin
Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit dem Sportclub Borgfeld, einem Kooperationspartner der Paracelsus Sportmedizin und Prävention, entstanden.