Seit 18 Jahren bietet die Paracelsus Klinik Scheidegg Tanztherapie für ihre Krebspatienten an. Diese Therapieform ist Teil des psychoonkologischen Konzepts der Klinik. Denn sie kann helfen, Körper- und Selbstwahrnehmung zu verbessern und Vertrauen in den Körper zu gewinnen. Laut einer Studie der Klinik für Tumorbiologie der Universität Freiburg zur Wirksamkeit der Tanztherapie bei Krebspatienten ist die Tanztherapie in der Lage, heilsame emotionale Veränderungen sowie Verbesserungen im Körperbild und Selbstwertgefühl der Betroffenen herbeizuführen. Gudrun Zacher, die als Tanztherapeutin regelmäßig tanztherapeutische Gruppen anleitet, erklärt dazu: „Eine Krebserkrankung macht fassungs- und sprachlos und wirkt sich negativ auf das Körpererleben aus. Daraus entstehen häufig starke emotionale Reaktionen wie Angst, Wut und Trauer, die kein Ventil finden. Auch stehen die Patienten häufig unter enormer innerer und äußerer Anspannung. Dazu kommt, dass wir häufig in unserer „kopflastigen“ Zeit verlernt haben, die Botschaften unseres Körpers wahrzunehmen – geschweige denn, ernst zu nehmen.“
Eine Stunde Tanztherapie
Gudrun Zacher hat vor 18 Jahren die Tanztherapie in der Paracelsus Klinik Scheidegg eingeführt. Sie ist ausgebildete Tanztherapeutin, hat den Heilpraktiker Psychotherapie und zahlreiche Weiterbildungen, unter anderem die Weiterbildung „Coaching in Gesundheitsberufen“. Eine solche Einheit Tanztherapie beginnt nach ein paar Einführungssätzen mit einem Bewegungsteil zum Ankommen. Ganz wichtig dabei: die Aufmerksamkeit auf die Gegenwart zu richten. Daran schließt sich der Hauptteil mit einem bestimmten Thema an. Am Ende findet jede für sich einen stimmigen Abschluss in der Bewegung (Integration). Auch steht am Ende der Therapiestunde ein Abschlusskreis mit verbaler Reflektion.
Wirkung der Tanztherapie bei Krebspatienten
In der Tanztherapie gibt es kein Können oder Leisten – es geht nicht um Richtig oder Falsch, sondern um das individuelle Erleben. Es geht darum, Achtsamkeit gegenüber den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen, aber auch Grenzen zu entwickeln. So kann im geschützten Rahmen jeder über die authentische Bewegung den eigenen Körper neu erleben und hieraus Lebensfreude und Vertrauen schöpfen.
Patienten können die Erfahrung machen, dass sie sein dürfen wie sie gerade sind und vieles möglich ist. Zum Beispiel, sich über die Bewegung zu entspannen, loszulassen, sich Raum zu nehmen, in Kontakt zu gehen ohne sich selber zu verlieren, wohlwollend zu sich selber und anderen zu sein, die eigene Kraft wieder zu spüren, Leichtigkeit neu zu entdecken, auch mal ausgelassen und verrückt sein zu dürfen usw. „Mir ist es wichtig, dass die Patienten ihr eigenes Erleben ernst nehmen und liebevoller mit sich selber umgehen“, erklärt Gudrun Zacher, die viel positives Feedback seitens der Patienten bekommt: „Beim Tanzen wird mein Kopf frei von Sorgen“, „Ich habe doch glatt meine Schmerzen vergessen“, „Das freie Bewegen eröffnet mir neue Räume und fühlt sich so gesund an“, „Ich habe MICH wiedergefunden“ „Hinterher fühle ich mich leicht und entspannt“. Das sind nur einige Rückmeldungen, die die erfahrene Tanztherapeutin regelmäßig hört.
Um an einer solchen Tanztherapie teilzunehmen, braucht es außer leichten Turnschuhen, Gymnastikschläppchen oder Stopper-Socken, bequemer Kleidung und etwas zum Trinken keinerlei Voraussetzungen. „Jeder bringt nur sich selbst mit, so wie er gerade ist. Mein Arbeitsmaterial ist hauptsächlich die Musik. Manchmal nutze ich auch Tücher oder Postkarten“, macht Gudrun Sacher deutlich. Und auch wenn es hin und wieder kleine Tanzeinheiten zu zweit gibt – einen Tanzpartner wie beim klassischen Paartanz braucht man nicht.
Frauen sind die Mehrheit
Eigentlich gilt das Angebot für alle Patienten. Interessanterweise nehmen aber fast ausschließlich Frauen an der Tanztherapie teil. Grund dafür ist einerseits der hohe Frauenanteil der Paracelsus Klinik Scheidegg, die auf Brustkrebs spezialisiert ist. Andererseits spricht dieses Therapieangebot wahrscheinlich auch eher Frauen an.
Gibt es Angebote auch außerhalb von Reha-Kliniken?
Im Internet findet man Angebote für Tanztherapie nach Krebs. Denn wer während seiner Reha die Tanztherapie kennen und schätzen gelernt hat, der sollte einfach damit weiter machen. Findet Gudrun Zacher, die ebenfalls Kurse und Seminare anbietet.