„Man selbst muss es auch wollen.“ David Wagner lässt keinen Zweifel, wie wichtig ihm die neue Lebensphase ist, die scheinbar Selbstverständliches zu echter Lebensqualität erhebt: „Für mich ist es das Schönste morgens aufzustehen und einen Kaffee zu trinken. Diese Kleinigkeiten in einem geregelten Ablauf machen mich glücklich“. Der 39jährige hat eine Leidensgeschichte hinter sich, die nun am Ende doch ein Happy End bereithält. Schon mit Anfang 20 in den Teufelskreis von Amphetaminen, Cannabis, Ketamin und später auch LSD geraten, litt Wagner auch unter immer wiederkehrenden depressiven Schüben. Er teilt sein Schicksal, in dem die Abhängigkeit an weitere psychische und psychosomatische Erkrankungen gekoppelt ist, mit rund achtzig Prozent der Patienten in den Paracelsus Kliniken Bad Essen.
Nur dass Wagner vom Patienten zum Angestellten avancierte. Während der Praktikumsphase seiner Adaptionsmaßnahme ist er ein wichtiger funktionaler Teil des Klinikbetriebs geworden. Die Adaption hat das Ziel, Patienten sowohl beruflich als auch sozial wieder einzugliedern. Er selbst sei ja immer berufstätig gewesen, „deswegen ist es für mich wichtig, arbeiten zu gehen, Kollegen zu treffen und eine feste Tagesgestaltung zu haben“, sagt Wagner, „Ich komme hier Schritt für Schritt zurück ins Leben, raus aus der Abhängigkeit.“
Dafür musste Wagner auch in der Selbsteinschätzung mehrere Schritte zurückgehen, denn die andere Seite der Medaille hat er viele Jahre gelebt: „Bei mir ergab sich mit den leistungssteigernden Mittelchen ein Teufelskreis: Ich nehme mehr zu mir, damit ich mehr arbeiten kann und mit dem mehr verdienten Geld kann ich wieder mehr Mittel, wie zum Beispiel Amphetamine einkaufen.“ Inzwischen sei „der innere Schweinhund, der mich verführen will“ komplett verschwunden. Ein Therapeut habe ihm einmal gesagt, dass jeder Patient ja auch etwas Positives mit der Suchtgeschichte verbinde. „Sonst wäre man ja nicht abhängig geworden. Das Hochgefühl, das die Drogen ausgelöst haben, wird man nie wieder empfinden.“
Das kann David Wagner heute gut verschmerzen. Der Tiefpunkt bei der Sucht, „da wo man nicht mehr weitermacht“, sei der Jobverlust gewesen. Nun könne er auch mit Rückschlägen viel besser umgehen, sagt Wagner: „Als Suchtmensch ist man im Leben nicht gewohnt auch mal einen schlechten Tag zu haben“. Zum Einmaleins des Suchtmenschen gehöre es, nicht auffallen zu wollen: „Deshalb macht man als Suchtpatient schon viel mehr als man machen muss, damit man nicht als süchtig oder nicht funktionierend wahrgenommen wird.“ Sich selbst einzugestehen, dass man die ganzen Jahre falsch gehandelt hat, dass man nach Suchtmustern funktioniert, sei der härteste Schnitt auf dem Weg aus der Abhängigkeit gewesen. Ab da ging es bergauf.
Unter der erfahrenen Obhut der Ärzte in der Adaptionseinrichtung Paracelsus Berghofklinik II in Bad Essen vollzog sich der Wandel binnen Jahresfrist: Zunächst sechs Monate in der Langzeittherapie, dann sechs Monate in der sogenannten Adaption lehrten ihn, sich wieder selbst wertzuschätzen. „Ich lernte die Dinge wieder Schritt für Schritt anzugehen, mich zu fokussieren, statt vorzupreschen und zu sagen ich mach das schon und beende nachher nichts davon.
„Lieber löse ich die mir gestellte Aufgabe zu aller Zufriedenheit.“ Und dass Rückschläge zum Leben dazugehören, hat David Wagner auch erkannt. „Man muss sie für sich verarbeiten und sich klar machen, dass sie zum Leben dazugehören. Lieber sage ich mir: „Nun habe ich auch einmal einen schlechten Tag.“ Aber die schlechten Tage kann David Wagner annehmen. Denn am nächsten Morgen steht er wieder auf und trinkt Kaffee. „Ich finde es schön, mich an Kleinigkeiten zu erfreuen und das peu à peu durchzuziehen.“ Und dann warten ja schon die Kollegen und die Arbeit der Haustechnik in den Paracelsus Kliniken Bad Essen.
Im Rahmen einer stationären Langzeittherapie werden Abhängigkeitserkrankungen im Vorfeld hier behandelt: