- Ärztliche Fortbildung der Paracelsus-Klinik an der Gande hat sich in 9 Jahren zum renommierten Forum entwickelt
- Jubiläumstagung zur 100. Schmerzkonferenz mit Initiatorin Dr. med. Désirée Herbold war voller Erfolg
Mit Corona-bedingt begrenztem Teilnehmerkreis, aber mit gewohnt hohem fachlichem Know-how fand am Mittwoch die 100. Interdisziplinäre Schmerzkonferenz in der Paracelsus-Klinik an der Gande statt. „Ein kleiner aber feiner Kreis für ein großes Jubiläum“, freute sich Initiatorin und Moderatorin Dr. med. Désirée Herbold, ehemalige Chefärztin der Paracelsus-Klinik an der Gande. Anlässlich der Jubiläumsveranstaltung warf sie einen Blick zurück auf die Erfolgsgeschichte der Konferenz. Seit März 2011 findet die durch die Akademie für ärztliche Fortbildung der Ärztekammer Niedersachsen zertifizierte Weiterbildungsveranstaltung monatlich an der Klinik statt. Sie richtet sich nicht nur an Ärzte, Psychologen und andere Beschäftigte der Klinik, sondern auch an Mediziner der Region, an Experten aus der Pflege, der Ernährung, der Physio- und Sporttherapie, der Ergotherapie und des Sozialdienstes. Auch niedergelassene Ärzte sind – dank des Termins am Mittwochnachmittag – häufig und gern gesehene Teilnehmer.
Gemeinsam gegen den Schmerz
Die Idee ist so einfach wie überzeugend: Je Veranstaltung werden zwei oder drei chronische Schmerzpatienten – in der Regel aktuelle oder ehemalige Behandelte der Paracelsus-Klinik an der Gande – eingeladen, sich freiwillig und einzeln 90 Minuten lang einer Expertenrunde vorzustellen. Im Interview mit dem behandelnden Arzt, Psychologen oder Therapeuten berichten sie dann der durchschnittlich 15-köpfigen Expertenrunde über Art und Verlauf ihrer Krankheit, die bisherigen Behandlungen und ihr aktuelles Befinden. Anschließend werden unter der Moderation von Dr. med. Désirée Herbold das Krankheitsbild, die Diagnostik und der therapeutische Ansatz im Expertenkreis interdisziplinär diskutiert. „Wichtig ist, dass bei diesen Veranstaltungen, wie in der multimodalen Schmerztherapie überhaupt, dem Patienten genau zugehört wird“, erklärt Dr. Herbold. „Nur wenn wir uns Zeit nehmen und ihn einbeziehen, können wir interdisziplinär Behandlungsmöglichkeiten genau besprechen und passgenaue Lösungen für die individuelle Behandlung finden.“
Patienten sind dankbar für umfassende Beratung
Unter dem Strich entsteht bei der Schmerzkonferenz eine Win-Win-Situation. Die Behandler lernen am Beispiel der Patienten den Umgang mit der komplexen Erkrankung und den Patienten helfen die Fragen und Hinweise bei der Bewältigung ihrer Erkrankung. „Es geht nicht nur darum, dass Patienten als Übungsobjekte für Ärzte an diesen Veranstaltungen teilnehmen. Wir lernen voneinander in einem lebendigen Dialog”, erklärt Dr. Herbold. Insbesondere das breite Wissensspektrum der Anwesenden gewähre den Patienten oft ganz neue Blickwinkel auf ihre Erkrankung, bestätige und bestärke zum Teil auch laufende Behandlungen. „Man muss dazu wissen, dass Menschen mit chronischen Schmerzen oft auch psychisch stark belastet sind”, so Dr. Herbold. „Ein Lob oder eine Bestätigung aus der Expertenrunde kann dann einen starken Motivationsschub ausüben.“ Es gebe viele Teilnehmer, so berichtet die Ärztin, die sich in Nachgesprächen bei ihr bedankt hätten für die Veranstaltung, weil sie viel über sich selbst gelernt hätten und ihnen die Veranstaltung dabei geholfen habe, ihre chronische Schmerzerkrankung zu überwinden. Und genau dieses Feedback ist Dr. Herbold wichtig.
Regionales Netzwerk aufgebaut
Ein weiterer, durchaus gewollter Effekt der Schmerzkonferenz ist die Vernetzung von Experten der Region. „Seit März 2011 ist der Bekanntheitsgrad unserer Veranstaltung ständig gewachsen, weil es im weiten Umkreis nichts Vergleichbares gibt. Mittlerweile kennen sich die Teilnehmer gegenseitig schon sehr gut“, resümiert Dr. med. Désirée Herbold. „Ob Akutkliniker oder niedergelassene Ärzte, ob erfahrene Schmerztherapeuten oder Therapeuten in der Weiterbildung, der Kreis ist groß und wächst ständig weiter.“ Im Fall der Fälle ruft man sich heute auch gegenseitig an und berät kollegial, was mit bestimmten Schmerzpatienten zu tun ist und welche Möglichkeiten sich zum Beispiel durch eine verhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation (VOR) bei Paracelsus bieten. Die Bilanz nach 100 Veranstaltungen fällt für Dr. Herbold darum sehr positiv aus: „Es hat sich gelohnt. Nicht nur ich persönlich habe von den Patienten und Teilnehmenden medizinisch-therapeutisch viel gelernt,” so die Orthopädin. „Ich weiß auch von Paracelsus-Mitarbeitern und anderen Teilnehmern, dass sie durch die Veranstaltung ihren Horizont im Umgang mit und dem Verständnis für Schmerzpatienten enorm erweitern konnten.“
Veranstaltungsform wird fortgeführt
Schmerzkonferenzen sind in Deutschland ein wichtiges Weiterbildungsinstrument. Ärzte, die Kassenpatienten in der Schmerztherapie behandeln, oder die eine entsprechende Zusatzbezeichnung führen, müssen jedes Jahr eine von der Ärztekammer vorgeschriebene Mindestanzahl von Schmerzkonferenzen besuchen, um ihre Anerkennung für dieses Fachgebiet behalten zu können. Dabei sind Schmerzkonferenzen in Akutkliniken relativ weit verbreitet, in Reha-Kliniken, wie bei Paracelsus in Bad Gandersheim, aber eine fachliche Seltenheit. Dr. med. Désirée Herbold, die offiziell ihre Chefarzt-Tätigkeit in Bad Gandersheim kürzlich beendet hat, wird die Schmerzkonferenz auch in den nächsten Monaten weiterführen. Die Orthopädin, Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin und Schmerztherapeutin will dann ihre Nachfolgerin im Amt in die Schmerzkonferenz einarbeiten, damit die Weiterbildungsveranstaltung auch in den nächsten Jahren erfolgreich fortgeführt werden kann.