Eine Gehirnerschütterung ist in vielen Fällen keine schwerwiegende Verletzung. Aber ohne die nötige Ruhe kann die Leistungsfähigkeit längerfristig darunter leiden.
Das menschliche Gehirn ist weich und schwimmt nur locker befestigt im Nervenwasser des Kopfes. Bei Kopfverletzungen oder einem Schleudertrauma, durch starkes Abbremsen etwa, stößt das Gehirn gegen den Schädelknochen. „Das ist dann eine Gehirnerschütterung“, erläutert Dr. Marie-Therese Würzner, Fachärztin für Neurologie sowie Departmentleiterin für Sportneurologie und Concussionmanagement an der Paracelsus Klinik Bremen. Der englische Begriff Concussion wird synonym zu Gehirnerschütterung verwendet und hat sich im wissenschaftlichen Sprachgebrauch eingebürgert.
Stress für das Gehirn
Nach solchen Vorfällen verspüren Betroffene in den meisten Fällen Kopfschmerzen, Schwindel, kurzzeitige Desorientierung und manchmal auch Übelkeit sowie Seh- und Gleichgewichtsstörungen. Mitunter dauern diese Symptome einer Gehirnerschütterung nur wenige Sekunden an. Dennoch sind Gehirnerschütterungen nicht zu unterschätzen: „Das Gehirn wird wie ein Computer kurz heruntergefahren und neugestartet“, erläutert Würzner. Die Zellen sind unter Stress und benötigen deutlich mehr Energie, um wieder normal zu funktionieren. Der Zuckerhaushalt gerät durcheinander, auch der Blutfluss im Gehirn ist nach Traumata messbar verändert. Nach sieben bis zehn Tagen haben sich die Nervenzellen im Kopf in den meisten Fällen wieder erholt, auch wenn die Symptome bereits deutlich vorher aufhören können.
Modernes MRT unterstützt die Diagnostik
Würzner empfängt Patienten sowohl in der Paracelsus Klinik in der Vahr als auch in im Paracelsus Zentrum für Sportmedizin und Prävention im wohninvest WESERSTADION. Darunter sind zahlreiche Sportler mit einschlägigen Verletzungen. Gehirnerschütterungen entstehen meist bei Kontaktsportarten wie Fußball oder Handball. Auch Stürze, etwa vom Pferd, kommen als Ursache vor. Bei Kopfballduellen im Fußball sind es meist nicht die Ballkontakte, die zu einer Gehirnerschütterung führen, sondern eher Zusammenstöße mit anderen Spielern oder dem Boden. Ein hochmodernes MRT-Gerät im wohninvest WESERSTADION unterstützt die genaue Diagnose. „Damit können wir unsere Patienten, Profis und Hobbysportler, exakt untersuchen.“
Besser warten mit dem Sport
Bei Gehirnerschütterungen ist es wichtig, die Verletzung zu erkennen, ernst zu nehmen und nicht herunterzuspielen, betont die Neurologin. Doch gerade im Profisport sieht sie ein Spannungsfeld zwischen medizinisch vernünftigen Behandlungen und dem ehrgeizigen Wettkampf. „Wenn der Patient ehrlich zu sich ist und spürt, dass etwas mit seinem Kopf nicht stimmt, plädiere ich als Ärztin dafür, ihn vorerst nicht weiterspielen zu lassen.“ Das Risiko einer weiteren Concussion sei nämlich stark erhöht, da das allgemeine Verletzungsrisiko durch die Symptome deutlich größer sei. „Das Second-impact-Syndrom bezeichnet ein zweites Trauma direkt nach einer Gehirnerschütterung. Es ist selten, kann aber zu lebensgefährlichen Hirnschwellungen führen.“
Ruhe fürs Gehirn
Das Minimum an Ruhe beziehungsweise verringertem Training liegt bei sechs Tagen. „Wer zu ungeduldig ist, muss sich klarmachen, dass das Gehirn der Dreh- und Angelpunkt von allem ist, was uns ausmacht“, betont sie. Wer kurz nach einer Gehirnerschütterung wieder Hochleistungssport betreibt, spürt danach meist deutlich stärkere Beschwerden – ein Zeichen dafür, dass es zu schnell ging. „Das Gehirn hat eine Energiekrise nach so einem Trauma, der Akku ist noch nicht voll“, sagt sie und empfiehlt, sich nach ärztlicher Absprache langsam wieder an die alltäglichen Leistungen heranzutasten. Anderenfalls können Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Migräne oder Schwindel auftreten – und das deutlich länger, als eine Gehirnerschütterung zum Ausheilen braucht. Dürfen gleich mehrere Gehirnerschütterungen im Laufe des Lebens nicht vollständig ausheilen, so können diese Beschwerden auch jahre- oder lebenslang bestehen, betont die Neurologin.